ALU Karabinerbrüche und die Ursachen, unbedingt lesen

Karabinerbrüche: die Ursache

Immer mehr Piloten entdecken an ihren Gleitschirmkarabinern Risse wie abgebildet. Mehrere Karabiner sind während des Startvorgangs gebrochen. Handelt es sich um Materialfehler, Gewaltbrüche durch Überbelastung oder um Materialermüdung durch hohe Schwingbelastung?

Materialfehler konnten bei den betroffenen Karabinern nicht entdeckt werden. Intakte Alukarabiner halten aber selbst mit offenem Schnapper eine Belastung von 5 -7 KN aus. Durch dieser Belastung werden sie zwar stark verformt, aber die bei normalen Flügen auftretende Belastung von etwa 1,5 KN müßten sie jedenfalls aushalten. Die Karabiner brachen jedoch beim Start ohne besondere Belastung.

Überbelastungen am offenen wie am geschlossenen Karabiner verursachen starke Verformungen infolge der die Eloxalschicht in einem breiten Bereich neben der Bruchstelle aufreißt. Die Eloxalschicht des gebrochenen Karabiners scheint jedoch intakt.
Bleibt Materialermüdung. Zunächst scheint dies unwahrscheinlich denn die Gebrauchslast der Karabiner beträgt höchstens 1/10 ihrer Bruchlast. Eine solch geringe Beanspruchung des Aluminiums führt nicht zu Materialermüdung selbst wenn sie über einen langen Zeitraum wirkt. Wäre es anders müßte die gesamte moderne Luftfahrt eingestellt werden.

Verursacht durch das fertigungs- und konstruktionsbedingte Spiel im Schnappverschluß der Karabiner liegt jedoch hier ein Sonderfall vor. Aufgrund des Spiels steigen die Spannungen mit zunehmender Belastung nicht linear sondern für den Bereich der Gebrauchslast sprunghaft und dann bis in hohe Lastbereiche nur noch geringfügig. Da im Bereich des Schnapperspiels der Verschluß nicht belastet wird ist hier das statische System eines Hakens zugrunde zu legen. Erst wenn der Verschluß bei einer Belastung von 60 bis 200 Kg mitträgt (je nach Schnapperspiel und Auflagepunkt des Gurtbands) bildet sich ein ringförmiges Trageelement. Anders als Kletterkarabiner werden Gleitschirmkarabiner einer lang andauernden Schwingbelastung ausgesetzt. Im Gegensatz zu den meist D-förmigen Kletterkarabinern haben Gleitschirmkarabiner eine breite Gurtauflage mit der Folge daß sie wegen des großen Hebelarms gerade im Bereich des Schnapperspiels hohen Biegespannungen ausgesetzt sein können. Sofern die Karabiner ohne nachfolgend Wärmebehandlung beim Fertigungsprozess kalt verformt werden (was bei Stahlkarabinern üblich ist) kommen noch hohe durch Rückstellkräfte verursachte Spannungen in den Biegungen dazu. Möglicherweise addieren sich auch noch Torsionskräfte durch verdrehte Gurte. Das wurde bei der Dimensionierung der Karabiner von den Herstellern offenbar nicht beachtet. Auch bei den Belastungstests der Gurtzeug- Musterzulassungen des DHV fiel die zu knappe Bemessung nicht auf. Im Vergleich zu den geforderten hohen Prüflasten der DHV Tests sind üblicherweise die Gebrauchslasten derart klein, daß Materialermüdung kein Thema ist. Die zu knappe Bemessung der Karabiner für Gebrauchslast wäre aber nur aufgefallen wenn die Tests mit offenem Schnapper durchgefüht worden wären.

Erst ein ein vom DHV beauftragtes Materialprüfinstitut hat jetzt durch Schwingversuche die Schnapperspielproblematik nachgewiesen. Im Versuch konnte gezeigt werden daß es schon bei einer Schwingbelastung von 3 bis 30 Kg eines normal eloxierten Karabiners zu Rißbildung kommen kann wie sie die Bilder zeigen. Durch die Querschnittsschwächung eines eingerissenen Karabiners liegt dessen Schnapper dann während des Fluges auf, der Verschluß wird kraftschlüssig, die Biegespannungen bauen sich ab, der Karabiner bricht dadurch (hoffentlich) nicht sofort vollständig durch. Erst wenn der Schnapper infolge des Risses beim nachfolgenden Start nicht mehr richtig einrastet versagt der Karabiner vollends.

Die zu geringe Dimensionierung der Karabiner wird dadurch deutlich, daß sich Gleitschirm-Alukarabiner mit offenem Schnapper schon bei einer Last von 200 bis 300 Kg bleibend zu verformen beginnen. Auch GS- Stahlkarabiner beginnen sich bereits bei einer Last von 280 Kg bleibend zu verformen. Die Karabinerhersteller warnen daher vor Flügen mit offenem Schnapper offenbar ohne sich darüber im klaren zu sein, daß der Karabiner aufgrund des Schnapperspiels immer wie mit offenem Verschluß beansprucht werden. Sicher ausreichend dimensioniert wären die Karabiner wenn sie einer Schnapper- offen Last von 5 KN ohne bleibende Verformungstandhielten. Der DHV forderte diesen Wert in einem Karabinerprüfsiegel am 10.04.2003 deshalb zu recht.
Bei wieviel Lastwechseln ein Ermüdungsbruch eintritt läßt sich nur statistisch vorhersagen. Sofern eine kritische Schwingbeanspruchung gegeben ist kann ein Bruch in einem weiten Bereich von Lastwechseln vorkommen. Bei den derzeit im Gebrauch befindlichen Karabinern ist das Risiko offenbar gering aber gegeben. Deshalb bringt eine Beschränkung der Betriebsdauer nicht die Sicherheit die sich ein Pilot wünscht. Im Fall des Bruchs des eloxierten Alu- Karabiners in Tschechien soll der Karabiner nur etwa 2 Jahre in Betrieb gewesen sein.

Jedenfalls sind nicht nur die Karabiner eines bestimmten Herstellers sind betreffend der Ermüdungsbruchgefahr an einer kritischen Grenze sondern alle derzeit im Umlauf befindlichen GS- Karabiner mit mehr als 1mm Schnapperspiel – möglicherweise auch Stahlkarabiner sofern sie nach dem Biegevorgang nicht einer Wärmebehandlung unterzogen wurden. In wieweit die derzeit in Gebrauch befindlichen Karabiner noch weiterbenutzt werden dürfen werden die Schwingversuche ergeben denen sich alle Gleitschirmkarabiner derzeit unterziehen müssen.
Keiner der derzeit (August 2003) im Handel befindlichen konventionellen Karabiner erfüllt die vom DHV vorgeschlagene GS- Karabiner Norm!